Beschreibung

Die zweizeilige Gerste wird in vier Hauptgruppen unterteilt.
1) Die nickende Gerste oder Landgerste (var. nutans): Die Ähre ist lang, schmal und neigt sich während der Reife. Die einzelnen Körner liegen nicht dicht, sondern locker aneinander.
2) Die aufrechte Gerste (var. erectum): Die Ähre ist mitteldicht, parallel und neigt sich ebenfalls zur Reifezeit, die einzelnen Körner liegen nicht ganz eng aneinander.
3) Die Fächer- oder Pfauengerste (var. breve): Die Ähre ist gedrungen, dicht. Die Grannen stehen zur Blütezeit fächerartig ab, deswegen Fächer- oder Pfauengerste. Ist die Ähre extrem dicht, mit einer fast pyramidalen Form, dann handelt es sich um die Varietät zeocricthum.
4) Die zweizeilige Nacktgerste (var. nudum): Diese freidreschende Gerste bildet eine mitteldichte bis lockere Ähre.

Allgemeines und Geschichte

Die Winterformen der 2-zeiligen Gerste, die man im Herbst sät, findet man gelegentich in den Haupttälern. Die Sommerform ist das Getreide für höhere Lagen, sie wird aber auch als Braugerste in tieferen Lagen angebaut. Braugerstensorten haben einen tiefen Eiweissgehalt zwischen 9 und 11.5 %. Die Futtergerste ist auf hohe Eiweissgehalte gezüchtet.

Verbreitungsgebiet einst und jetzt

Sommergerste hat eine grosse ökologische Streubreite. Die hohe Blattbildungsrate und die schnelle Kornbildung sowie ihr relativ geringer Wasserbedarf ermöglichen es, dass sie auch in kurzen Vegetationszeiten und bei geringer Wasserverfügbarkeit noch einen guten Ertrag liefern kann. Daher ist die Sommergerste in den inneralpinen Trockentälern die bevorzugte Fruchtart. Gerste wurde in Grenzlagenlagen bis auf 1900 m angebaut.
Die lockerärhigen nickenden Gerstensorten findet man heute nicht mehr auf den Feldern, ebensowenig die Pfauen- oder Fächergersten. Die Landsorten können bis zu 1.4 m hoch werden.

Anbau

Fruchtfolge: Gerste wird in höheren Lagen nach Wiesenumbruch gesät. Wegen der kurzen Vegetationszeit dort empfiehlt es sich die Wiese bereits im Herbst umzubrechen, damit im Frühling rechtzeitig gesät werden kann.
Aussaat je nach Höhenlage März bis Anfang Mai. Ernte August bis Ende September.

Nutzung

Es gibt zwei Nutzungstypen. Es gibt die Brau- und die Futtergersten. Beide kann man für die Herstellung von Rollgerste oder Mehl verwenden. Whisky kann man aus allen Getreidearten herstellen, häufig wird die Gerste dazu verwendet.

Eignung

Zweizeilige Gerste wird in Mitteleuropa als Braugerste verwendet, da sie eine gleichmässige Körnung aufweist und dadurch gleichmässig keimt, was für die Mälzung wichtig ist. Es gibt aber auch 6-zeilige Braugersten.
Brot, Brei, Bier, Mehl, auch aus gerösteter Gerste.

Verarbeitung und Produkte

Um Gerstenmalz herzustellen wird die Gerste angekeimt, gedarrt, gemahlen und geröstet. Das Ankeimen und anschliessendes Rösten oder auch das direkte Rösten und dann vermahlen macht die Gerste aromatischer und leichter zum Verdauen.
Die Rollgerste wurde ursprünglich mit Hilfe von Stampfen hergestellt. Dabei wurden die Körner erst genetzt. Durch das Stampfen lösen sich die Spelzen, die mit dem Korn verklebt sind. Dieses schonende Verfahren ist ersetzt worden durch ein Verfahren bei dem die Spelzen abgeschmiergelt werden. Die Samenschale mit der wertvollen Aleuronschicht gehen dabei verloren. Die Perlgerste hat keine Schalenteile.

Rezept für Bündner Gerstensuppe / Soppa da giotta. Für 4 Personen
60 g Rollgerste
1 Lauchstängel
2 Sellerieblätter
1/2 Sellerieknolle
1/2 Kohl
2 Rüebli
2-3 Kartoffeln
Gemüse waschen, in feine Würfel schneiden, dämpfen in 1 EL Öl und in 1 1/2 l Wasser ablöschen
1 Lorbeerblatt
3 Nelken
Geräuchertes Fleisch, Speck oder Speckschwarte beigeben
vorsichtig salzen
3 EL Milch, 20 g Butter zum Verfeinern
Kochzeit 2 - 3 Stunden, im Dampfkochtopf 3/4 Stunden

Sonstiges

in der nationalen Genbank in Changins werden ca. 750 Gerstenmuster konserviert, die weitgehend aus dem Berggebiet stammen. Ein Vergleich zwischen den Mustern der amerikanischen und der schweizer Genbank zeigte, dass in den USA 26 schweizer Gerstensorten konserviert wurden, die in der Schweiz verloren gegangen waren. Jetzt befinden sich diese Sorten auch wieder in der Schweiz.
Ohne die Schwarzrostresistenz einer Schweizer Gerstensorte, wäre der Anbau von Sommergerste in den USA in den Grenzregionen zu Kanada, in den dreissiger Jahren, zusammengebrochen.

Literatur

Miedaner, Thomas (2014): Kulturpflanzen: Botanik — Geschichte — Perspektiven. Berlin Heidelberg: Springer-Verlag. ISBN: 364255292-2
Schilperoord, Peer: Kulturpflanzen in der Schweiz - Gerste, November 2013, ISBN 978-3-9524176-8-3

Links

Staatl. Erhaltungsorganisationen

http://www.pgrel.admin.ch

Nichtstaatl. Erhaltungsorganisationen

Sortengarten Erschmatt
Verein für alpine Kulturpflanzen