Beschreibung

Die Möglichkeit Gartensalat (Lactuca sativa L.), also Kopf-, Pflück-, Eis-, Batavia-, Roma- sowie Stängelsalat, zur Ernteverfrühung zu überwintern scheint heute nahezu aus dem Bewusstsein der GärtnerInnen verschwunden zu sein. Die Überwinterung der jungen Salate auf dem Feld ist eine spannende und lohnende Alternative zur Pflanzung im Frühjahr.
Die Salate werden im Spätsommer des Vorjahres angezogen, im Herbst an Ort und Stelle gepflanzt und wachsen dann noch bis zum Ende der Vegetationszeit ein wenig. Sie überdauern die harte Winterzeit geschützt oder ungeschützt auf dem Feld und setzen, sobald im Frühjahr die Temperaturen angestiegen und die Sonne an Kraft gewonnen hat, ihr Wachstum fort (Wenz & Wenger, 2013).

Überwinterungskulturen sind in der mitteleuropäischen Landwirtschaft z. B. bei den Getreide-Winterungen von Weizen und Gerste geläufig, im Hausgarten bei Feldsalat, Lauch und Grünkohl; auch Spinat überwintert meist gut. In der Schweiz sind auch Winterkefen (Erbsen) bekannt. In der Erwerbsgärtnerei war die Überwinterungskultur von Kopfsalat noch in den 1950er Jahren in wintermilden Gebieten verbreitet (in Österreich z.B. am Neusiedlersee). Diese Anbautechnik wurde aber mit dem Aufkommen von Folientunneln durch den „winternahen Anbau“ nach und nach ganz verdrängt. Auch im Hausgarten wurde die Überwinterungskultur früher vielfach praktiziert, vereinzelt bis heute, z.B. mit der Handelssorte „Unikum“ in der Steiermark (Suanjak & Lerch, 2009).

In Zeitschriften, Magazinen, Gartenbüchern und Enzyklopädien vom Ende des 18. und Beginn des 19. Jh. finden sich Auflistungen von Salatsorten, die damals wichtig waren. Im Zusammenhang mit Forellensalat fällt auf, dass diese oder ähnliche Bezeichnungen für Salatsorten im (deutschsprachigen) Mitteleuropa sehr verbreitet waren (Suanjak & Lerch, 2009).

Eine frühe Niederschrift zur Überwinterung von Gartensalat lieferte Daniel Rhagor (Autor von Pflanz-Garten) 1650. Dieser beschreibt, dass es für gemeinhin dem Lattich nicht zugetraut würde die Kälte/den Winter zu ertragen, er jedoch eine gegenteilige Beobachtung gemacht habe. Aus dem 18. und 19. Jahrhundert sind vereinzelte Hinweise zum Wintersalatanbau zu finden, der Großteil der Kulturinformationen stammt jedoch aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts (Wenz & Wenger, 2013).

Die Modernisierung des Frühgemüsebaues mit Folien- und später Vliesabdeckungen startete Anfang der 70er Jahre. Die neue Technik lieferte dem im Frühjahr gepflanzten Salat mehr Wärme und beschleunigte somit das Wachstum. Der zeitliche Vorsprung der überwinterten Salatpflanzen war dahin. Nach und nach gaben viele Gärtnereien den Anbau von Wintersalat wegen der riskanten Auswinterungsgefahr auf. Heute sind Wintersalate eher noch im Hausgarten als im professionellen Gemüsebau anzutreffen. Vielen Fachleuten aus dem Gemüsebau und der Züchtung ist die Salatüberwinterung unbekannt (Wenz & Wenger, 2013).

Allgemeines und Geschichte

Der Stachel-Lattich (Lactuca serriola), auch Kompass-Lattich oder Zaun-Lattich ist der Vorfahre des Kultursalats. Die Kultivierung und Sortenauslese erfolgte bereits in der Antike.

Verbreitungsgebiet einst und jetzt

In Mitteleuropa seit Karl dem Grossen im 8. bis 9. Jahrhundert n. Chr. Zunächst von den Klostergärten ausgehend als Schnittsalat (Lactuca sativa var. crispa), in den romanischen Ländern eher als Bindesalat (Lactuca sativa var. longifolia) angebaut. Kopfsalat (Lactuca sativa var. capitata) ist eine Entwicklung des 15./16. Jahrhunderts.

Anbau

Der Salat soll Mitte August bis Mitte September gesät werden. Dies hängt etwas von der Anzuchtmethode (Direktsaat oder Vorkultur im Topf) und der Witterung im Herbst ab.
Die Pflanzen sollen bis Eingangs des Winters nicht zu groß werden, da sonst die Empfindlichkeit auf starke Temperaturwechsel steigt. Nachdem das Wetter nur schlecht vorherzusagen ist, sind mehrere Aussaattermine ratsam. Im Oktober können die jungen Salate an Ort und Stelle gepflanzt werden. Sie entwickeln sich dann noch ein wenig, wurzeln jedoch gut ein (Wenz & Wenger, 2013).
Kulturenpflege
Hat man direkt ins Feld gesät, sollte ein Ausdünnen besser im Frühjahr erfolgen. Die jungen Pflänzchen schützen sich bei engerem Stand besser vor den frostigen Temperaturen (Wenz & Wenger, 2013).
Ernte
Die ersten reifen Köpfe können abhängig von Sorte, Standort, kleinklimatischer Lage, Düngung, Kulturmaßnahmen, Wetter und Standweite Ende April bis Mitte Mai geschnitten werden (Wenz & Wenger, 2012).

Bei einem Freilandüberwinterungs-Versuch von Wenger und Wenz 2013 wurden ausgewählte Sorten auf ihre Freilandtauglichkeit geprüft. Ergebnisse: „Im Versuchswinter 2011/12, der vor Ort Temperaturen bis -26°C brachte, überlebten bei nahezu jeder Sorte über 90% der Pflanzen. Auch die getesteten modernen Salatsorten, die nicht für eine Überwinterung gezüchtet wurden, überstanden den Winter tadellos. Die Salate waren nur mit einem dünnen Vlies geschützt. Ein nicht abgedeckter Teil des Versuches überwinterte jedoch auch ohne Schutz sehr gut. Das Risiko großer Auswinterungsschäden in schneearmen Wintern ohne Abdeckung ist dennoch nicht zu unterschätzen.
Ernte: Ab dem 7. Mai konnten die ersten Salate geerntet werden. Das Zeitfenster der Ernte war, wohl bedingt durch die lange Kulturzeit und den Wintereinfluss, recht lang. Manche Sorten reiften über einen Zeitraum von bis zu drei Wochen nach und nach ab. Für den Hausgarten durchaus begrüßenswert. Kleine Sorten wie der getestete Baquieu waren früh schnittreif, wohingegen große Salate wie Tremont für ihre Massenentwicklung mehr Zeit benötigten.“ Wenz & Wenger, 2013.

Nutzung

als Frischgemüse, Salat

Eignung

Ernte bereits im April/Mai

Verarbeitung und Produkte

Vermarktung
Attribute wie Regionalität, Saisonalität, historisches, energieextensives Anbauverfahren, die Wintersalat zugeschrieben werden können, können sich positiv auf die Vermarktung auswirken (Wenz & Wenger, 2012).

Kulturtechnik

Die ersten reifen Köpfe können abhängig von Sorte, Standort, kleinklimatischer Lage, Düngung, Kulturmaßnahmen, Wetter und Standweite Ende April bis Mitte Mai geschnitten werden (Wenz & Wenger, 2012).

Sonstiges

Wintertaugliche Salatsorten: Der „Forellensalat“
Diese Sorte aus dem ARCHE NOAH Sortenarchiv (Code SA080) stammt aus dem östlichen Niederösterreich. Allein der Name ist schon interessant: er bezieht sich offensichtlich auf die rotgefleckten Blätter, die mit den rotgetupften Seiten der Bachforelle assoziiert werden.
Wie alte Publikationen nahelegen, hat der Forellensalat zumindest als Name bzw. Sortentyp ca. 250 Jahre überdauert. Die vom Erscheinungsbild sehr ansprechenden, eher zierlich wirkenden Pflanzen sind mittelgroß (Durchmesser 25-30 cm). Die Köpfe sind mittelfest, mit kleinem kompaktem Herz. Die Blätter sind auch im Kopfinneren rot gefleckt.

Literatur

Wenger, Matthias; Wenz, Jakob. Salate im Freiland überwintern. Arche Noah Magazin 3/2013
Wenger, Matthias; Wenz, Jakob. Die Überwinterung von Gartensalat (Lactuca sativa L.) im Freiland. 2012.
Suanjak, Michael; Lerch, Franziska. Grüne Salate als Überwinterungskultur. Arche Noah Magazin 3/2009
Suanjak, Michael. Wintersalate: An vielen Orten, in vielen Sorten. Arche Noah Magazin 4/2010

Links

Staatl. Erhaltungsorganisationen

Hochschule Wädenswil, Schweiz

Nichtstaatl. Erhaltungsorganisationen

Vereinigungen wie die ARCHE NOAH, Österreich (Mitglieder-Magazin 03/2010 und 02/2009) oder der V.E.N. (Verein zum Erhalt der Nutzpflanzenvielfalt: www.nutzpflanzenvielfalt.de/) in Deutschland hat sich in den letzten Jahren dem Thema angenommen und sich der Sicherung einiger Wintersalatsorten über Patenschaften verschrieben.
Im Zuge eines europaweit durchgeführten Projektes zur Vielfalt bei Blattgemüse (Leafy Vegetables Project 2008/2009) widmete sich ARCHE NOAH Tests von Sorten und Anbautechniken für Wintersalat.
Saatgutproduzent: Robert Zollinger, Les Evoulettes, Schweiz