Beschreibung

Dieses kleine zierliche Huhn hat sich ideal an die Berge angepasst: es kann sehr gut klettern und fliegen, auch übernachtet es, selbst bei Schnee, gerne auf Bäumen.

Allgemeines und Geschichte

→Spitzhauben-Hühnerwaren seit Jahrhunderten in grösseren Teilen des zentralen und östlichen Alpenraumes verbreitet (siehe Allgemeines: Spitzhauben-Hühner). Sie sollen schon im 15. Jahrhundert in Klöstern gezüchtet worden sein (u.a. in Salzburg). Als im 19. Jahrhundert die Hühner-Rassen beschrieben wurden, suchten die Kenner erst im Tirol und im Bregenzerwald, dann in der Zentralschweiz, bis sie die Spitzhauben schliesslich nur noch im Schweizer Appenzellerland fanden. Deshalb wird die Rasse heute „Appenzeller Spitzhaube“ genannt. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts gerieten die Spitzhauben in Bedrängnis. Wie andere Landrassen konnten sie nicht gegen die Hybriden konkurrieren. Die Bestände gingen dramatisch zurück. Um Inzuchtproblemen zu begegnen und die Leistung zu steigern, wurden verstärkt ausländische Rassen eingekreuzt. Dazu wurden vor allem Holländische Brakel, Hamburger Silberlack und La Flèche - Hühner benutzt, in der Meinung, diese würden eh zu den Stammeltern der Spitzhauben gehören. Mit einigermassen rein verbliebenen Tieren wurde von ProSpecieRara Anfang der 80er-Jahre ein Erhaltungsprogramm aufgebaut, das der Inzuchtgefahr durch Verpaarung verschiedener Farbschläge innerhalb der Rasse und Rückzüchtung auf die Ursprungs-Farbschläge begegnete.

Statt eines Kamms besitzt diese Rasse nur kleine Hörnchen. Auch die Kehllappen sind klein. Dadurch ist die Gefahr von Erfrierungen im Winter gering. Charakteristisch und namengebend für die Rasse ist die Federhaube auf dem Kopf. Heute gibt es noch fünf der ehemals etwa zehn Farbschläge: die silber-schwarz getupften, die schwarzen, die rein-weissen, die goldenen und die gold-schwarz getupften. Durch neuere Einkreuzungen sind in letzter Zeit chamois-farbige und blaue Spitzhauben entstanden.

Die Appenzeller Spitzhauben werden heute ohne Bart gezüchtet, dürften früher aber auch mit Bart vorgekommen sein. Dafür spricht seine Verwandtschaft mit dem Tirolerhuhn und die Tatsache, dass im 19. Jahrhundert das Appenzeller Barthuhn aus Landhühnern der Umgebung und Italienern entstanden ist. Der Bart des Appenzeller Barthuhnes muss daher von den Landhühnern (sprich Spitzhauben) gekommen sein.

Die Spitzhauben klettern vorzüglich auf felsigem Grund und ertragen grosse Kälte. Ihre Flugfähigkeit kommt dem Fluchtverhalten zugute. Der Sage nach sollen die Hühner früher vom Hof weg bergwärts geweidet haben und abends fliegend talwärts zum Hof zurück gestrichen sein.

Unterscheidung der Geschlechter: ab ca. 8-9 Wochen erkennt man die Junghähne an ihren Hörnchen, den grösseren Kehllappen und den spitzer zulaufenden Hals- und Schwanzfedern.

In neuster Zeit wurden die Appenzeller Spitzhauben auch in verzwergte Form gezüchtet, siehe Zwerghühner.

Verbreitungsgebiet einst und jetzt

früher vor allem im Appenzellerland
heute in der ganzen Schweiz, mit Schwerpunkt Ostschweiz

Nutzung

Zweinutzungshuhn

Zuchtziele

Knapp mittelgrosses, zierliches Huhn mit breiter, vorstehender Brust, leicht abfallendem Rücken und vollem, fächerndem Schwanz. Stellung breit und und mittelhoch. Charakteristisch ist der Kopf mit Spitzhaube und Hörnerkamm. Mit Ausnahme der geschlechtsbedingten Unterschiede entsprechen sich Hahn und Henne; letztere jedoch mit nahezu waagrechtem Rücken.

Rumpf walzenförmig, mittellang, harmonisch gerundet
Kopf mittelgross, mit nach vorn gebogener Spitzhaube und kleinem Hörnerkamm
Gesicht feurig rot, wenig befiedert; Kehllappen mittellang, fein im Gewebe; Ohrscheiben oval und bläulich-weiss
Schnabel kräftig, bläulich, mit stark aufgeriebenen Nasenlöchern
Hals leicht gebogen, mit reichem Behang
Brust voll, gut gewölbt
Rücken mittellang, leicht abfallend (Henne nahezu waagrecht)
Schultern breit, abgerundet
Flügel ziemlich lang, gut angezogen
Schwanz voll besichelt, breit gefächert, fast rechtwinklig zur Rückenline getragen
Schenkel sichtbar hervortretend, schlank
Läufe mittellang, feinknochig, federfrei, blau
Zehen gut gespreizt, Krallen hellhornfarbig
Gefieder ziemlich hart, gut anliegend
Eischalen-Farbe weiss

Widerstandskraft und Wetterhärte, Vitalität, Langlebigkeit, Legeleistung, saubere Zeichnung und schöne Spitzhaube

Brauchtum

Mündlich überliefert ist, dass bei abgelegenen Höfen vor allem der schwarze Farbschlag gehalten wurde, weil die Habichte sie in Ruhe lassen (Grund: Habichte halten sie für Raben, die mit den Greifen kämpfen). Reingoldene und goldgetupfte werden hingegen vom Fuchs weniger gut erkannt, da diese rot-braun kaum sehen können (Bambi-Effekt).

Literatur

• ProSpecieRara: Nutztierkompass, Basel, 2012 (https://www.prospecierara.ch/de/shop/article/nutztierkompass)
Monitoring Institute: Landwirtschaftliche Genressourcen der Alpen. Bern, 2003.
• Brochure «Ressources zoogénétiques de l’agriculture suisse», 20.09.2021, Office Fédéral de l'Agriculture, OFAG

Links

Nichtstaatl. Erhaltungsorganisationen

• Züchterverein für ursprüngliches Nutzgeflügel (ZUN), Frau Astrid Spiri, Bühlstrasse 26, CH-9217 Neukirch an der Thur/TG, Telefon +41 (0)71 642 48 11, info@zun-schweiz.ch, www.zun-schweiz.ch
• Klub der Appenzeller- und Schweizerhuhnzüchter KASZ, http://www.appenzeller-und-schweizerhuhn.com/, Präsident Jürg Schmid, Bergliweg 4, 9633 Hemberg, Mobile: +41 (0) 79 355 89 49
• ProSpecieRara, Unter Brüglingen 6, 4052 Basel, Telefon +41 (0) 61 545 99 11, www.prospecierara.ch ProSpecieRara