Beschreibung

Kastanienhaine, die Selven, sind in der italienischen Schweiz ein Kulturerbe von erheblichem ökologischem und landschaftlichem Wert. In den letzten 20 Jahren wurden deshalb zahlreiche Projekte zur Restaurierung von Kastanienselven eingeleitet. In einem grossen Teil der italienischen Schweiz spielte die Edelkastanie während Jahrhunderten eine wichtige Rolle in der Ernährung. Besondere Bedeutung kam der Aufbewahrung der Früchte zu, die in kleinen, zu diesem Zweck errichteten Gebäuden erfolgte. Heute erhalten die traditionellen Dörrmethoden wieder vermehrt Wertschätzung, meist zu didaktischen Zwecken in Form von Demonstrationen und zur Erinnerung an die Kultur und Geschichte.
Dörrhäuschen sind entweder ganz gemauert oder halb aus Stein und halb aus Holz. Der Dörrtrakt ist zweigeschossig: Unten sind zwei Raumkammern mit Feuerstelle und ein Behälter für das Brennmaterial. Im 2. Deschoss ist die Decke der Rauchkammern aus feinen Lattenrosten mit Laufsteg gezimmert.Gedörrt wird mit dem Rauchder durch einen aus der Wand ragenden Feuerstein gleichmässig verteilt wird. Es wir einen Monat lang geräuchert. Das feuer wird dreimal täglich mit Holz und Kastanienschalen bestückt.Die Kastanienschicht auf den Rosten im Obergeschoss sind ca. 40 cm dick und wir von Zeit zu Zeit gewendet.Nach dem Räuchern kommen die KAstanien in einen Sack, der so lange gegen einen Holzpflock geschlagen wird, bis alle Hüllen abgesprungen sind. Mit der getreideschwinge werden dann die Früchte von der chale getrennt (geqworfelt). Kleine Kastanien wurden sodann zu Mehl weiterverarbeitet, grosse eingelagert.
Auf den Plätzen vieler Städte sowie an Messen, Festen und Märkten sind Marroniverkäufer auch heute noch häufig anzutreffen. Die ersten Marronibrater, für die belegt ist, dass sie auf Plätzen in der Schweiz und in anderen europäischen Ländern ihre Kastanien anboten, stammten vor allem aus dem Bleniotal und aus der Leventina.

Literatur

Natalia Ferroni: Profüm da castegn da la grà. A Moghegno rivive un’antica tradizione. In: Agricoltore ticinese 44. Lugano,1995
Interviste (a cura di Alessandra Bobbià): Gianpiero Invernizzi (09.11.2010, 09.02.2011), Giuliano Strazzini (09.02.2011), Marzio Strazzini (28.03.2011), Giovanni Scozzari (29.03.2011). Centro di dialettologia e di etnografia. Bellinzona
Hans Käser: Die Kastanienkultur und ihre Terminologie in Oberitalien und in der Südschweiz. Aarau, 1932
Remo Maurizio: Aufbewahrungsmethode der Kastanienfrüchte im Bergell. In: Jahresbericht der Naturforschenden Gesellschaft Graubündens 100. 1983, p. 167-170
Laura Sofia: Castagna. Estratto dal Vocabolario dei dialetti della Svizzera italiana (Le voci 5). Bellinzona, 2001
Mengia Spreiter-Gallin: Castasegna. Località di confine. / Castasegna: Ein Grenzdorf. St. Moritz, 2006
Mario Vicari: Documenti orali della Svizzera italiana. Valle Leventina. Prima parte. Ed. Centro di dialettologia e di etnografia. Bellinzona, 2005
Simonett, C.(1968): Die Bauernhäuser des Kantons Graubünden. Wirtschaftsbauten, Verzierungen, Brauchtum, Siedlungen

Links

Quellen

www.lebendige-traditionen.ch