Schindeln
Das Schindeln ist eine Technik, die von Schindelmachern verwendet wird, um Dächer und Fassaden mit Holzbrettchen abzudecken. Diese Praxis ist in den Alpen und Voralpen verbreitet, insbesondere in Gruyère und im Pays-d'Enhaut, sowie in kleinerem Umfang im Jura, im Wallis, im Graubünden und im Tessin.
Diese Brettchen, die sogenannten Tavillons, sind 42 bis 45 cm lang, 10 bis 15 cm breit und 5 bis 7 mm dick. Die Form der Bretter ist dreieckig. Die Verlegung beginnt von der Unterseite des Daches aus, wobei die Schindeln in doppelter Überlappung verlegt werden. Das bedeutet, dass jeder Dachstuhl die Länge des darunter liegenden Dachstuhls und einen Teil der Breite des vorherigen Dachstuhls überdeckt.
Es gibt auch Anseilen, die auf die gleiche Weise hergestellt werden. Schindeln sind 60 cm lang, 20 cm breit und zwischen 10 und 15 mm dick. Sie werden ähnlich wie Dachziegel verlegt, wobei der Raum zwischen zwei Schäften von der oberen Reihe bedeckt wird.
Obwohl Anseilen überall auf der Welt mit regionalen Materialien (Birke in Finnland, Kiefer in Japan, Eiche in Frankreich usw.) verwendet werden, sind Schindeln eine Schweizer Besonderheit.
Herstellung
Schindeln werden, ebenso wie Anseilen, von Hand gefertigt. Zunächst muss das Holz ausgewählt werden, aus dem die Lamellen hergestellt werden sollen. Es werden Bäume (Fichte, Weißtanne, Lärche, Eiche, Kastanie) ausgewählt, die in einer Höhe von 1000 m oder höher gewachsen sind. In dieser Höhe herrschen Bedingungen, die eine bessere Holzqualität ermöglichen, welche eine gute Dichtigkeit und Haltbarkeit gewährleistet. Die Bäume werden zwischen Mitte November und Mitte Februar gefällt. Die Stämme werden dann in Viertel zerteilt, die je nach Region „mijyos“ oder „mujyàs“ genannt werden.
Die Viertel werden entlang der Holzmaserung gespalten und nicht geschnitten, damit die Fasern unversehrt bleiben und die Abdeckungen wasserdicht sind. Das verwendete Werkzeug, das Schindeleisen, ist eine breitgeschliffene Stahlklinge mit einem Griff an einem Ende. Der Schlegel hingegen dient dazu, um auf die Klinge zu schlagen und sie in das Holz hinunterzuziehen, um die Schindeln oder Schäkel zu spalten.
Diese Phase der Herstellung wird von Schindelmachern, Tischlern, Zimmerleuten, Holzfällern, aber auch von Hirten oder Bauern während der Wintersaison durchgeführt. Das Anbringen hingegen wird im Sommer von den Schindelmachern durchgeführt.
Geschichte
Es wurden Schindeln aus der mittleren Bronzezeit (1600-1350 v. Chr.) und Schindeln aus der gallo-römischen Zeit (52 v. Chr. bis 486 v. Chr.) gefunden und datiert. Darüber hinaus ist die Verwendung beider Deckungsarten während des Mittelalters in der Schweiz belegt, wie etwa beim Schloss Chillon, dessen Dach aus Schindeln bestand, bevor es 1301 durch Dachziegel ersetzt wurde. Im Schweizer Mittelland wurde das Holz allmählich durch alternative Materialien ersetzt. In den Voralpen, Alpen und im Jura wurde diese Technik jedoch bis ins 19. Jahrhundert beibehalten, bevor sie aufgrund der zahlreichen Brände, die in einigen Dörfern wüteten, fast aufgegeben wurde.
Damals wurden mit Schindeln und Schilf Schindeln zum Decken von Häusern, Ställen, Almhütten, aber auch von Kirchen und öffentlichen Gebäuden verwendet. Heutzutage erlebt diese Art der Dacheindeckung ein erneutes Interesse und wird vor allem bei der Renovierung von Almhütten im Jura, in Greyerz oder im Pays-d'Enhaut oder von historischen und religiösen Gebäuden verwendet, aber auch für neue, manchmal zeitgemäßere Strukturen. Dieses natürliche Material gewinnt immer mehr an Attraktivität, nicht nur aufgrund eines Modetrends und der Anziehungskraft des „Authentischen“, sondern auch aus ästhetischen und praktischen Gründen. Ein Holzdach ist nämlich leichter als ein Ziegeldach, einfacher zu pflegen, hat eine vergleichbare Lebensdauer und bietet eine bessere Wärmedämmung.
Dennoch ist es schwierig, die Nachfolge zu sichern. Die Herstellung von Schindeln ist einfach, aber sehr repetitiv, und das Anbringen erfolgt in der warmen Jahreszeit. Da der Zeitraum kurz ist, ist die Arbeit sehr intensiv und wird unabhängig vom Wetter durchgeführt. Die Schindelmacher wohnen auf der Baustelle, welche manchmal mehrere Monate dauern kann. Außerdem muss der Beruf mindestens zwei Jahre lang unter Aufsicht von einem Schindelmachermeister erlernt werden, da es derzeit keine offizielle Ausbildung gibt.
Die Schindelmacher haben sich mittlerweile zu einem Verband zusammengeschlossen (Association romande des tavillonneurs), der diese traditionelle Dachart durch verschiedene Veranstaltungen fördern will. Sie haben auch die Charta der Schindelmacher geschaffen, die jedes Mitglied einhalten muss, um ihr Know-how zu schützen und die Qualität ihrer Arbeiten zu gewährleisten.
Association romande des tavillonneurs. 2003. Tavillons, bardeaux, anseilles. Charte de bienfacture des couvertures en bois. Bâtir no 77.
- https://www.lebendige-traditionen.ch/tradition/fr/home/traditions/le-tavillonnage.html
- https://www.tavillonneurs.ch/
- https://www.vd.ch/culture/patrimoine-mobilier-non-cantonal-et-immateriel/inventaire-cantonal-du-patrimoine-immateriel/artisanat-traditionnel/tavillonnage
- https://www.matiereenmain.com/post/de-l-arbre-au-tavillon
- https://www.rts.ch/video/emissions/passe-moi-les-jumelles/4358164-secrets-de-tavillonneurs.html
- https://tavillon.ch/wp-content/uploads/2018/02/24h_du_samedi.pdf
- https://www.tavillonneurs.ch/charte
Association romande des tavillonneurs
https://www.lebendige-traditionen.ch/tradition/fr/home/traditions/le-tavillonnage.html#:~:text=Choisir%20le%20bon%20bois%2C%20le,ma%C3%AEtriser%20cet%20art%20aujourd'hui.