Luzientag
Beschreibung
Der Luzientag (ungarisch Lucanap) am 13. Dezember ist einst einer der wichtigsten Feiertage der ungarischen Volkstradition gewesen. Er wurde landesweit vielerorts, jedoch in verschiedenen Ausprägungen, gefeiert. Der Luzientag hatte keinen festen Ablauf. Er verfügte aber über typische Elemente, die in verschiedenen Orten unterschiedlich stark zum Tragen kamen.
Die hl. Luzia soll wegen Ihres christlichen Glaubens durch Märtyrertod etwa 304 gestorben sein. Ihr Name stammt von dem lateinischen Wort lux, also Licht - vor der Gregorianischen Kalenderreform (1582) fiel der Festtag Luziens auf die Wintersonnenwende. Doch der Luzientag steht in Ungarn größtenteils nicht nur mit der Heiligenfigur - der in der nordungarischen Stadt Esztergom bereits 1286 ein Altar geweiht worden war - in Verbindung. Mit ihr konkurrierte eine hexenartige, unheilbringende Frauengestalt. Der Luzientag war von einer Ambivalenz geprägt: Neben der Verehrung der Heiligen war zugleich die Furcht vor dem Dämonischen, vor den Hexen, in der Brauchausübung deutlich zu erkennen. Letztere kam durch zahlreiche weit verbreitete Aberglaubensvorstellungen und Arbeitsverbote zum Vorschein.
Am charakteristischsten sind die oft mit abergläubischen Vorstellungen verknüpften Brauchhandlungen um den Luzienstuhl. Dieser ist ein kleiner, meist aus Holz geschnitzter drei- oder vierbeiniger Schemel, der zwischen dem 13. Dezember und Weihnachten gefertigt wurde. Vielerorts haben die Luzienstühle nur aus bestimmten Holzsorten geschnitzt werden dürfen. (Die deutsche Volkskundlerin Ingeborg Weber-Kellermann, die in Ungarn Feldforschungen durchführte, berichtet über ein Beispiel, bei dem ein 13beiniger Schemel an 13 Tagen aus 13 Holzarten aus 13 verschiedenen Gemarkungen angefertigt wurde. Weber-Kellermann 1958, S. 300.) Man zimmerte jeden Tag so viel am Stuhl, dass er genau zum Heiligabend fertig war und zur Christmesse in der Kirche eingesetzt werden konnte: Man habe, so die weit verbreitete Vorstellung, auf dem Stuhl stehend oder sitzend die Hexen des Dorfes an ihren Hörnern erkennen können. Man tat gut daran, anschließend nach Hause zu eilen, damit man von den Hexen nicht in Stücke gerissen wurde, sodass man unterwegs oft Mohn auf den Weg streute, welchen diese haben auflesen müssen (Tátrai/Karácsony-Molnár, S. 175).
Literatur
Referenzen
• László Lukács: Gyula Sebestyén und der erste Luzienstuhl im Budapester Nationalmuseum. In: Ethnographia 115 / 2004, S. 195-203.
• Zsuzsanna Tátrai: Erika Karácsony-Molnár: Jeles napok, ünnepi szokások [Festtage, Fesbräuche], Budapest 1997.
• Sándor Bálint: Ünnepi kalendárium [Festkalender]. Budapest 1977, Bd. 1.
• Ingeborg Weber-Kellermann: Der Luzienstuhl im deutschen und ungarischen Volksglauben. In: Hess. Blätter für Volkskunde Bd. 49/50 (1958), S. 295-316.
• Géza Róheim: A lucaszék. Der Luzienstuhl. Néprajzi Értesítő 1916.
• Ein Variantenverzeichnis siehe: A lucaszék. Néprajzi Értesítő 1915, S. 7-35.
• Alfred Karasek-Langer: Lucienglauben und -bräuche aus der Kemnitz-Probener und Hochwieser Sprachinsel in der Slowakei. In: Sudetendeutsche Zeitschrift für Volkskunde IV. 1931, S. 107-116.
Quellen
www.folklore-europaea.org