Beschreibung

Montafoner Steinschaf-Wolle für Mäßli-Renaissance

Die Montafoner Tracht hat als Besonderheit das sogenannte „Mäßli“. Es handelt sich dabei vermutlich um die älteste Kopfbedeckung der traditionellen Frauentracht in der Form eines nach oben weiter werdenden Zylinders ohne Krempe. Benannt wurde es nach dem topfartigen Aussehen eines Kornmaßes. Diese Filzkappe gleicht den sogenannten „Modius“ (kleines Schaff = Maß) genannten Kopfbedeckungen. Diese wurden auf Grabsteinen aus dem 6. Jahrhundert dargestellt. Bis heute hat sich die Form im Montafon erhalten. Das Mäßli besteht aus schwarz gefärbtem Wollfilz mit Fransen aus langen Haaren am Hutdach. In anderen Gegenden gibt es diese besondere Kopfbedeckung nicht (mehr?).
Das letzte Mäßli wurde vor ca. 100 Jahren zum letzten mal hergestellt. Dadurch ist das Wissen um die Produktionsverfahren verloren gegangen. Die heute noch getragenen wurden sorgsam gepflegt und von der Mutter an die Tochter weitergegeben. Ulrike Bitschnau vom Vorarlberger Trachtenverband, hat sich zur Aufgabe gemacht, das uralte Kulturgut wieder neu herstellen zu lassen und so für die Zukunft zu erhalten. Vier Jahre suchte sie nach Filzer/innen, die sich diese Aufgabe zutrauten. Auf ein Inserat in einem Fachmagazin meldete sich dann Sigrid Bannier, Vorsitzende des deutschen Filz-Netzwerks.
Zunächst wurden die Fransen als Ziegenhaare eingestuft. Ein erster Versuch mit Merinowolle und Walliser Schwarzhalsziegenhaaren schlug fehl. So regte Frau Bannier an, nach den ursprünglichen Nutztierrassen im Montafon zu forschen.
Im Montafon gab es keine spezifische langhaarige Ziegenrasse. Ziegen wurden auch nie geschoren. Also musste es sich beim Rohstoff um die Wolle der im Tal ursprünglich gehaltenen Schafrasse handeln. Die Mischwolle des Montafoner Steinschafs mit den langen, glänzenden Grannenhaaren unterscheidet sich sehr stark von der feinen Merinowolle, die beim ersten Versuch verwendet wurde. Die Mähne der Widder erinnert geradezu an die Fransen des Mäßli. Das Mutterschaf auf dem Bild zeigt im Nacken sehr schön diese glänzenden Grannenhaare. Mit Steinschaf- und Bergschafwolle ist es nach mehreren weiteren Filzversuchen dann gelungen, ein neues Mäßli herzustellen, das dem alten Vorbild entspricht. Die ersten Bestellungen sind bereits bei der Filzerin eingetroffen.
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es für unsere Kultur ist, die traditionellen Nutztierrassen und ihre ursprünglichen Eigenschaften für die Zukunft zu erhalten.
Markus L. Stadelmann

Literatur

Tracht in Österreich, Geschichte und Gegenwart, hg.v. Franz C. Lipp u.a. Wien 1984

Links

Quellen

Persönliche Mitteilungen von Ulrike Bitschnau, Vandans
Vorarlberger Nachrichten vom 27.Nov. 2012 Seite A7
Bannier Filz; D-66871 Albessen; info(at)bannier-filz.de