Flachs oder Lein (Linum usitatissimum) gehört mit Einkorn, Emmer und Gerste zu den ältesten Kulturpflanzen, die bereits vor dem Beginn der Landwirtschaft gesammelt und genutzt wurden. Die ersten Fragmenten von Kultur-Lein stammen aus der Zeit um 7’900 v. Chr. Die ersten Funde in Österreich aus Schletz (Niederösterreich) stammen aus der Zeit der Linearbandkeramischen Kultur, ca. 5’200 v. Chr. Die ersten Funde in der Schweiz stammen aus der Zeit um 4’300 v. Chr. aus Egolzwil, Kanton Luzern. Im Unterengadin wurde der Anbau von Flachs aus der Zeit um 1880 v. Chr. auf einer Höhe von 1700 m ü. M. bei Ramosch nachgewiesen.
In den Feuchtbodensiedlungen des Alpenvorlandes wurden Flachshecheln sowie aus Flachs gefertigte Textilien und Netze gefunden. Ursprünglich wurde Lein vermutlich sowohl als Nahrungs- als auch als Faserpflanze genutzt. Diese Mehrfachnutzung ist in manchen Regionen bis heute üblich.
Leinen- oder Flachsfasern sind die Bastfaserbündel. Bis in die 1950er Jahre wurde Lein vorwiegend zur Fasergewinnung angebaut. Die Fasern nannte man auch Haar.

Wild-Lein, auch Zweijähriger Lein (Linum bienne) genannt, wächst an den Küsten des Mittelmeeres, des Schwarzen- und des Kaspischen Meeres und im fruchtbaren Halbmond. Die Wildpflanze kommt sogar an der Küste Süd-Englands vor. Wild-Lein und Kultur-Lein sind miteinander verwandt, sie lassen sich problemlos kreuzen.

Lein ist hauptsächlich Selbstbefruchter, was leicht zu einer Vielfalt von Sorten führte. Zunächst wurde der Lein wegen seinen ölhaltigen Samen gesammelt, aber bald auch wegen seinen robusten Fasern kultiviert. Die Pflanzen des Ölleins sind kürzer, stärker verzweigt, sie haben grössere Samen aber eine schlechtere Faserqualität. Der Faserlein wird höher, ist weniger verzweigt, hat kleinere Samen und eine ausgezeichnete Faserqualität. Zwischen diesen beiden Formen gibt es alle mögliche Übergänge. Der Spring- oder Klanglein ist eine Form bei der die Samenkapseln bei der Reife von alleine aufspringen. Das spontane Aufspringen ist ein Merkmal der Wildpflanzen. Bleiben die Kapseln bei der Reife geschlossen, so nannte man dieser Lein Dreschlein oder Schliesslein.

Der Lein gehört zu der Familie der Leingewächse. Auffallend an der Pflanze ist der lange Hauptstängel, die schmalen lanzettförmigen Blätter, die vielen Blüten und die zarten, grossen, Blütenblätter, fünf in der Zahl, die bald nach der Blüte den Boden bedecken. Die Blütenfarbe der Landsorten war in der Regel blau. Weiss blühender Lein trat immer wieder auf. Die Fruchtkapseln sind kugelförmig.

Literatur:
Schilperoord, Peer und Heistinger, Andrea (2011): Literaturstudie alpine Kulturpflanzen Vs. 5.1.
Zohary, Daniel; Hopf, Maria; Weiss, Ehud (2012): Domestication of plants in the Old World. The origin and spread of domesticated plants in Southwest Asia, Europe, and the Mediterranean Basin. 4. Aufl. Oxford: Oxford University Press. ISBN: 978-0199549061