Beschreibung

Wie die Mairübe ist die Herbstrübe eng mit unserem Kohl verwandt. Gehört zur selben botanischen Art wie der Rübsen. Stammt vom Feldkohl ab. Sie zeichnen sich durch grossen Reichtum an Formen, Farben, Grösse und Inhaltsstoffen aus: Sie können rund, länglich oder plattrund sein, gelb, weiss oder violett, es gibt sogar schwarze Formen. Mit über 90% Wassergehalt ist sie das wasserreichste Wurzelgemüse.

Allgemeines und Geschichte

Ähnlich wie die Ackerbohne wurde die Herbstrübe früher auf grossen Flächen angebaut, da auch diese Kulturart eine zentrale Rolle in der Selbstversorgung auf den Höfen spielte. Da sie nur eine kurze Vegetationszeit benötigt, konnte die Herbstrübe auch in höher gelegenen Bergregionen als Nachfrucht angebaut werden. Diese Pflanze wurde vor allem in der Winterzeit dringend benötigt. Als wichtiges Lebensmittel, aber auch als wertvolle Heilpflanze und als Viehfutter. Heutzutage ist die Notwendigkeit, die Herbstrübe für die Selbstversorgung auf grossen Flächen anzubauen, nicht mehr gegeben, daher wird sie auf kleinen Flächen, für den Hausgebrauch, angebaut.

Verbreitungsgebiet einst und jetzt

Die ältesten europäischen Samenfunde stammen aus steinzeitlichen Siedlungen des nördlichen Alpenvorlandes. Bei den Römern bildetet „rapum“, womit vermutlich die Herbst- oder Mairübe gemeint ist, einen wichtigen Bestandteil der Nahrung. Im frühen Mittelalter kam der Feldkohl vermutlich noch häufig als Unkraut im Acker und als Siedlungsunkraut vor. In den spärlichen mittelalterlichen Quellen werden „Rüben“ erwähnt, es ist jedoch nicht klar, welche damit gemeint waren. Im Kräuterbuch des Otto Brunfels von 1532 ist erstmals sicher eine Herbstrübe abgebildet.

Anbau

Die Herbstrübe, wie die Mairübe, war üblicher Bestandteil der Dreifelderwirtschaft. Bis die Kartoffel grossflächig angebaut wurde, war sie eine der wichtigsten Hackfrüchte. Sie ist sehr schnellwüchsig und wurde im Hochsommer in die Stoppeln der abgeernteten Getreidefelder gesät, meist nach der Gerste. Im Spätherbst wird sie vorwiegend von Hand geerntet.

Die Aussaat der Herbstrübe erfolgte meist nach dem Roggenschnitt, der Mitte bis Ende Juli durchgeführt wurde. Auch in den höher gelegenen Regionen konnte der Roggen schon um diese Zeit geerntet werden. Da in diesen Regionen heute kein Roggen mehr angebaut wird, muss zwar nicht mehr auf den Roggenschnitt Rücksicht genommen werden, allerdings ist der Zeitpunkt für die Aussaat auch heute ähnlich geblieben.

Im Hausgarten erfolgt die Aussaat je nach frei werdenden Gartenbeeten. Sind die Salatpflanzen oder die Kohlrabi auf einem Beet fertig abgeräumt, dann werden die Rüben angebaut. Es wird öfters auch zu einem späteren Zeitpunkt nochmals gesät. Diese Rüben werden dann zwar viel kleiner, was aber gewünscht ist, da sie nicht für die Herstellung von Rübenkraut verwendet werden, sondern für den Frischverzehr bestimmt sind. Die „kloanen Riablan“ können, solange es nicht über einen längeren Zeitraum friert, noch lange in den Herbst hinein geerntet werden.

In Tallagen wird ebenfalls nach dem Anbau von Roggen oder Weizen die Rübe angebaut. Allerdings wird hier je nach Vorhandensein eines freien und geeigneten Ackers auch nach anderen Feldfrüchten die Rübe gesät. Als Lostag wird des Öfteren der Lorenzitag (10. August) genannt.

Wenn grössere Flächen der Herbstrübe angebaut werden, dann wird der Acker nach der Vorfrucht entweder gepflügt oder nur hergerichtet indem er ein „bissl gelockert“ und das Unkraut entfernt wird. Dies wird meist auch im Hausgarten praktiziert. Gedüngt wird entweder schon im Frühjahr mit altem Mist oder mit Jauche, oder erst nach der Vorfrucht, eigens für die Rüben. Die Rüben brauchen einen tief bearbeiteten Boden, welcher das Wasser gut halten kann, bzw. gut mit Wasser versorgt wird.

Die Aussaat erfolgt meist breitwürfig mit der Hand. Jede einzelne Rübe benötigt viel Platz. Das Saatgut wird vor dem Aussäen Grossteils mit trockenem Sand, Steinmehl oder auch Erde vermischt. Diese Mischung soll das dünne und gleichmässigere Aussäen der Rüben erleichtern.

Ein Bauer, der grössere Flächen Rüben anbaut, sät diese maschinell mit dem Kunstdüngerstreuer aus. Nach der Aussaat werden die grossen Flächen mit der Egge überfahren und angewalzt, und auf den kleinen Flächen werden die Samen mit dem Rechen leicht eingearbeitet. Wenn die Pflanzen mehrere Blätter aufweisen und schon eine Länge von ein paar Zentimetern haben, dann wurden in früheren Zeiten die zu dicht stechenden Rüben herausgezogen, damit die einzelnen Rüben so gross wie Teller werden können. Dieser Vorgang wurde als „Ruibn gratschn“ bezeichnet. Dies wird heute nur mehr in wenigen Fällen und nur mehr bei den kleinen Flächen in den Hausgärten praktiziert.

Bei nicht allzu starker Sonne, am späten Nachmittag und bei bevorstehendem Regen herrschen die besten Bedingungen für die Aussaat.

Schädlinge, Krankheiten, Gefahren und Gegenmassnahmen
In den höher gelegenen Regionen wird die Rübe kaum von Krankheiten und Schädlingen beeinträchtigt. Krautwürmer, schwarze Würmer oder einfach nur Würmer fressen die Blätter der Rüben. Diese Schädlinge werden mit Asche oder Steinmehl angestäubt, händisch entfernt oder gar nicht bekämpft.
In den Tallagen wird von der Frittfliege als massiver Schädling berichtet. Da die Rübe dort auf grösseren Flächen angebaut wird, wird zur Bekämpfung mit einem Insektizid gespritzt. Die Kraut- und Knollenfäule ist in niedrigen Lagen auch nicht zu unterschätzen.

Ernte
Die Ernte der Rübe beginnt, je nach Aussattzeit und Höhenlage Mitte September, Anfang Oktober. Die Wachstumszeit der Rübe wird mit eineinhalb bis zweieinhalb Monaten angegeben. Nach dieser Zeit sollte jede Rübe in etwa 15 bis 20cm Durchmesser haben. Wenn die Grösse passt wird geerntet, weil die Rüben auch bei Kälte immer weiter wachsen.
Als weitere Kriterien für den Erntezeitpunkt werden die schöne rosarote Farbe der Rübe und die beginnende Verfärbung des grünen Laubes angegeben. Sie sollten, wenn möglich vor dem ersten Frost und bei trockenem Wetter geerntet werden.
Einige ernten nicht die gesamte mit Rüben bebaute Fläche auf einmal, sondern in Etappen. Jener Teil, der für die Verarbeitung zu Rübenkraut geerntet wird, wird früher geerntet, während jener Teil, der frisch genossen werden soll, solange im Feld bleibt, wie nötig.
Die geernteten Rüben werden meistens in einem Keller kurze Zeit zwischengelagert bis sie verarbeitet werden oder auch für längere Zeit eingelagert um sie laufend nutzen zu können.

Saatgewinnung und Konservierung
Am häufigsten werden die Rüben, die für die Saatgutgewinnung herangezogen werden direkt am Feld oder im Garten ausgewählt. Die Samenrüben werden bei der Ernte vorsichtig behandelt damit sie nicht beschädigt werden, während bei den Speiserüben nicht darauf geachtet wird. Die Auswahl erfolgt nach mehreren Kriterien: Grösse (mittel- bis sehr gross), Form (flach, nicht kugelig), Wurzel (muss lang und nicht geteilt sein), Färbung (Rübenkopf rötlich bis bläulich, die Unterseite schön weiss).
Die ausgewählten Samenrüben werden bis zum Frühjahr frostfrei gelagert, wobei darauf geachtet werden muss, dass die Wurzel nicht beschädigt wird. Der Grossteil lagert diese im Erdkeller, in Holzkisten oder in Kübeln bzw. hölzernen „Schaffln“ (Waschtrog) die mit Sand oder Sägespänen gefüllt werden. Die Blätter müssen dabei herausschauen. Die idealen Erdkeller werden als dunkel und kühl, nicht aber zu feucht beschrieben.
Einige überwintern die Samenrüben in Mieten im Boden, ähnlich der Kartoffelmiete. Dafür wird entweder direkt am Acker oder in der Nähe des Hauses an einem geeigneten Platz (möglichst trocken) eine Grube ausgegraben. Die Rüben werden entweder lose mit den Köpfen nach oben, in einem Korb oder in einer Holzkiste die mit Luftlöchern versehen ist, hineingestellt, und das Loch wieder mit Erde gefüllt.
Als weitere Überwinterungsmöglichkeit wird das Aufhängen der Rüben in einem Plastiksack, in das Sand eingefüllt wird, erwähnt oder das Aufbewahren der Rüben in einem Holzgefäss, dass mit einem feuchten Tuch zugedeckt wird.
Im Frühjahr, sobald es der Frost erlaubt, werden je nach Menge an Saatgut das benötigt wird, unterschiedlich viele Samenrüben entweder im Hausgarten, aber auch im Acker angepflanzt. Beim Auspflanzen wird darauf geachtet die Rüben tiefer einzusetzen als sie geerntet wurden um eine gute Standfestigkeit zu erreichen. Um das Abknicken der Blütenstände und der schweren Fruchtstände zu verhindern, werden die Rüben entweder entlang des Zaunes im Hausgarten gesetzt, oder es wird ein eigenes Gerüst aus Holzlatten gebaut.
Wenn sich die Farbe der ersten Schoten von grün auf gelblich verfärbt, werden die Samenstände geerntet. Die ganzen Samenständen werden abgeschnitten, auf ein Leintuch gelegt, das zu einem Bündel zusammengebunden wird, oder in einen Kopfpolsterüberzug gegeben und an einem schattigen, luftigen Ort zum Nachtrocknen und Nachreifen aufgehängt. Nach einigen Tagen sind die meisten Samen schon aus den Schoten gefallen und habe sich am Boden des Tuches gesammelt (der Rest der Samen wird durch „nachriebeln“ gelöst). Nachher werden sie gereinigt. In günstigen Lagen wird das Saatgut schon im Juli geerntet und noch im gleichen Jahr wieder ausgesät.
Das gut getrocknete Saatgut wird in Gläsern gelagert, Stoff- und Papiersäcken oder Blechbüchsen. Gelagert wird das Saatgut im Keller oder in kühlen, trockenen Räumen.

Die Herbstrübe wird im Osttirol schon über einen langen Zeitraum nicht nur angebaut sondern auch nachgebaut. Das Saatgut wird in den meisten Fällen auf dem Hof von der vorigen Generation übernommen.

Literatur

B. Barga-Pichler, M. Zuber: Haferwurzel und Feuerbohne (2002)
Vogl-Lukasser: Erfahrungen über Lokalsorten traditioneller Kulturarten in Osttirol
M. Serena, M. Suanjak, F. Pedrazzetti, B. Brechbühl: Das Lexikon der alten Gemüsesorten (2014)